Zusammenfassung
Die sklerosierende Mesenteritis (Syn.: Mesenteriale Pannikulitis) ist eine seltene, idiopathische Autoimmunerkrankung des mesenterialen Fettgewebes, die mit einer Verdrängung des Darms einhergehen kann. Durch den vermehrten Einsatz abdomineller Schnittbildgebung wird sie immer häufiger diagnostiziert. Die meisten Fälle sind asymptomatisch, erfordern keine Behandlung und werden im Verlauf kontrolliert. In symptomatischen Fällen treten häufig abdominelle Schmerzen und seltener weitere gastrointestinale Symptome auf (u.a. Meteorismus, Diarrhö oder Obstipation). Die Diagnose kann häufig anhand der charakteristischen CT-Befunde gestellt werden. Wichtig dabei ist jedoch, Malignitätskriterien und potenziell schwere Differenzialdiagnosen sicher auszuschließen, wofür eine Biopsie erforderlich sein kann. Symptomatische Fälle werden mit Immunsuppressiva behandelt. In den meisten Fällen schreitet die Erkrankung nach ca. 2 Jahren nicht weiter fort.
Epidemiologie
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Idiopathische Autoimmunerkrankung des mesenterialen Fettgewebes
- Assoziierte Erkrankungen: Metabolisches Syndrom, Adipositas, koronare Herzkrankheit, Urolithiasis, IgG4-assoziierte Erkrankungen
- Assoziierte Medikamente: Immuncheckpoint-Inhibitoren
Symptomatik
- Häufig asymptomatisch: Bis zu 60% der Fälle
- Häufigstes Symptom: Abdominelle Schmerzen (in bis zu 75% der symptomatischen Fälle)
- Weitere Symptome
- Meteorismus (10–25%)
- Diarrhö oder Obstipation (10–25%)
- Übelkeit und Erbrechen (5–15%)
- Gewichtsverlust (20%)
- Selten: Tastbare abdominelle Raumforderung
Diagnostik
- Bildgebende Diagnostik: Auffälliges Mesenterium im CT
- Diagnosekriterien (nach Coulier): ≥3 Merkmale deuten auf eine sklerosierende Mesenteritis hin
- Unscharf begrenzte Fettgewebsmasse im Mesenterium, die den Darm verdrängt
- Mesenteriale Fettgewebsmasse hyperdenser als angrenzendes Mesenterium (jedoch ohne Kontrastmittelanreicherung)
- Mesenteriale Lymphknoten <1 cm
- Zentrale Blutgefäße mit umgebender Dichteminderung (Halo-Zeichen)
- Dünne, fibrotische Pseudokapsel umgibt mesenteriale Fettgewebsmasse
- Malignitätsverdächtige Befunde, u.a.
- Spikuläres oder nekrotisches Erscheinungsbild
- Invasives Wachstum
- Kalzifikationen
- Retraktion umgebender Darmschlingen
- Mesenteriale Lymphknoten ≥1 cm
- Lymphadenopathie an anderer intraabdomineller Lokalisation
- Lymphknoten mit hoher Stoffwechselaktivität (SUVmax ≥3,0 im 18F-FDG-PET)
- Invasive Diagnostik: Biopsie (i.d.R. nur bei Malignitätsverdacht notwendig)
- Labordiagnostik
- CRP und BSG: Ggf. erhöht
- IgG4 im Serum: Bei IgG4-assoziierter Erkrankung nur in ca. 50% der Fälle erhöht
Differenzialdiagnosen
- Non-Hodgkin-Lymphom
- Peritonealkarzinose
- Karzinoidtumor
- Mesenteriale Fibromatose (Desmoid-Tumoren)
- Enkapsulierende Peritonealsklerose
- Retroperitoneale Fibrose
- Pseudomyxoma peritonei
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Asymptomatische Fälle
- I.d.R. keine Therapie erforderlich
- Verlaufskontrollen: Jährliche bildgebende Diagnostik (CT oder MRT) für 2 Jahre
Symptomatische Fälle
- Therapieziel: Symptomkontrolle
- Medikamentöse Therapie (Off-Label Use)
- 1. Wahl: Tamoxifen oder Colchicin, i.d.R. plus Glucocorticoid (Ansprechraten von ca. 50–60%)
- Tamoxifen plus Glucocorticoid (für 3 Monate) oder als Monotherapie
- Colchicin plus Glucocorticoid (für 3 Monate)
- 2. Wahl: Azathioprin plus Glucocorticoid (für 3 Monate)
- Alternativen (bei schwerem, refraktärem Verlauf): Andere Immunsuppressiva, bspw. Rituximab oder Thalidomid
- 1. Wahl: Tamoxifen oder Colchicin, i.d.R. plus Glucocorticoid (Ansprechraten von ca. 50–60%)
- Chirurgische Therapie: Nur bei persistierender oder rezidivierender mechanischer Obstruktion
- Verlaufskontrollen: Jährliche CT für 2 Jahre oder bei neuen Symptomen
Komplikationen
- Subileus oder Ileus
- Mesenterialischämie
- Venenthrombose, venöse Thromboembolie
- Exsudative Enteropathie
- Nierenfunktionseinschränkung
- Sepsis
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Außer in schweren Fällen: Nach ca. 2 Jahren meist stabile Erkrankung ohne radiologische Progression
- Gering erhöhtes Risiko für Lymphome
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K65.8: Sonstige Peritonitis
- Chronisch-proliferative Peritonitis
- Gallige Peritonitis
- Mesenteriale:
- Fettgewebsnekrose
- Saponifikation
- Peritonitis durch Urin
- ORPHAcode: 238593
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.