Definition
- Verlegung der oberen Atemwege (Atemwegsobstruktion)
- Komplette oder partielle Unterbrechung des Atemflusses
- Subjektive und/oder objektive Luftnot
Für die grundlegenden Prinzipien der Notfallbehandlung siehe: Notfallmanagement - Grundlegende Prinzipien
Eine normal sprechende Person hat i.d.R. keine kritische Atemwegsobstruktion!
Basisdiagnostik und -maßnahmen
Bei Z.n. Trauma muss immer eine Beurteilung der Halswirbelsäule erfolgen und im Zweifel die HWS immobilisiert werden! Siehe auch: HWS-Beurteilung bei Traumapatienten.
Patientenbeurteilung [1][2]
Patientenbeurteilung bei V.a. Verlegung der Atemwege | |
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Inspektionsbefund | Konsequenz |
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Erstmaßnahmen zur Atemwegssicherung
Erstmaßnahmen zur Atemwegssicherung | ||
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Bei Bewusstlosigkeit | Bei erhaltenem Bewusstsein | |
Atemwege freimachen |
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Atemwege offenhalten |
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Als Erstmaßnahme sollten nur unmittelbar sichtbare Fremdkörper entfernt werden!
Nach dem Freimachen der Atemwege sollte die schnellstmögliche Gabe von Sauerstoff mit hoher Flussrate erfolgen!
Basisdiagnostik bei Verdacht auf Atemwegsverlegung
Basisdiagnostik bei Verdacht auf Atemwegsverlegung | ||
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Diagnostik | Befund | Verdachtsdiagnose |
Beurteilung der Vigilanz |
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Beurteilung der Atmung |
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Inspektion der oberen Atemwege |
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Auskultation der Lunge |
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Anamnestische Hinweise |
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Atemwegsmanagement
- Freihalten der oberen Atemwege
- Nasopharyngealer Tubus (Wendl-Tubus)
- Oropharyngealer Tubus (Guedel-Tubus)
- Assistierte bzw. kontrollierte Maskenbeatmung
- Atemwegssicherung
Freihalten der oberen Atemwege
Nasopharyngealer Tubus (Wendl-Tubus)
- Indikation
- Offenhalten der Atemwege bei eingeschränkter Vigilanz
- Verbesserung der Bedingungen zur Maskenbeatmung
- Kontraindikationen
- Verletzungen der Nase oder des Gesichtsschädels
- Nasenbluten
- Schwere Gerinnungsstörungen
- Komplikationen
- Aspiration
- Würgereiz bei wachen Personen
- Nasenbluten
- Laryngospasmus bei zu langem Tubus
- Durchführung siehe: Einlage eines Wendl-Tubus
Oropharyngealer Tubus (Guedel-Tubus)
- Indikation
- Offenhalten der Atemwege bei tief bewusstlosen Patienten
- Verbesserung der Bedingungen zur Maskenbeatmung
- Beißschutz bei intubierten Patienten
- Kontraindikationen
- Erhaltene Abwehrreflexe
- Kieferverletzungen
- Komplikationen
- Aspiration
- Würgereiz bei oberflächlich bewusstlosen Personen
- Blutungen in Mund oder Rachen
- Atemwegsverlegung bei falscher Größe
- Durchführung siehe: Einlage eines Guedel-Tubus
Falsche Anwendung oder unpassende Größe eines Hilfsmittels können ihrerseits zu einer Atemwegsverlegung führen!
Maskenbeatmung
- Formen
- Assistierte Maskenbeatmung = Unterstützung eines Atemzugs in der Einatemphase
- Kontrollierte Maskenbeatmung = Verabreichen eines Atemhubs in einer Apnoephase
- Indikationen
- Kurzzeitige respiratorische Insuffizienz
- Tachypnoe >30/min
- Bradypnoe <8/min
- Überbrückung eines Atemstillstands vor Intubation
- Zwischen Intubationsversuchen
- Scheitern anderer Maßnahmen bei indizierter Beatmung
- Relative(!) Kontraindikationen
- Mechanische Verlegung der oberen Atemwege
- Hohes Aspirationsrisiko
- Frontobasale Verletzungen
- Komplikationen
- Insuffiziente Beatmung bei erschwerter Maskenbeatmung
- Gas-Insufflation in den Magen
- Aspiration
- Siehe auch: Prädiktoren für eine schwierige Maskenbeatmung
- Durchführung siehe: Maskenbeatmung - AMBOSS-SOP
Eine Überstreckung des Kopfes zur Verbesserung der Maskenbeatmung darf nur nach Ausschluss einer HWS-Verletzung erfolgen!
Die Maskenbeatmung im Notfall geht mit einem erhöhten Risiko für eine Magenbelüftung mit nachfolgender Regurgitation und Aspiration einher!
Kontraindikationen für eine Beatmung mit Maske sind in der Notfallsituation immer als relativ zu betrachten; Vorrang hat stets die Oxygenierung!
Atemwegssicherung
Allgemeine Hinweise
- Häufig erschwerte Bedingungen in der Notfallsituation [6], bspw. durch
- Blutung bzw. Schwellung im Bereich der Atemwege
- Immobilisation der HWS (bspw. durch eine zervikale Orthese)
- Prädiktoren für den schwierigen Atemweg beachten, bspw.
- Bei Notfallintubation primäre Videolaryngoskopie empfohlen [5]
- Rate der Fehlintubationen↓
- Erfolgsrate im ersten Intubationsversuch↑
LEMON-Score zur Vorhersage des schwierigen Atemwegs bei Notfallpatienten [8] | |||
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Akronym | Bedeutung | Befund | Punkte |
L | „Look externally“ | Gesichtstrauma | 1 |
Große Schneidezähne | 1 | ||
Gesichtsbehaarung (Bart) | 1 | ||
Große Zunge | 1 | ||
E | „Evaluate the 3-3-2 Rule“ | Mundöffnung (Distanz zwischen den Schneidezähnen) <3 Fingerbreiten | 1 |
Distanz Os hyoideum zum Kinn <3 Fingerbreiten | 1 | ||
Distanz Schildknorpel (obere Inzisur) zum Os hyoideum <2 Fingerbreiten | 1 | ||
M | „Mallampati“ | Mallampati-Status III oder IV | 1 |
O | „Obstruction“ | Alle Umstände, die mit einer Obstruktion der oberen Atemwege einhergehen | 1 |
N | „Neck Mobility“ | Eingeschränkte Beweglichkeit des Halses oder Immobilisation der HWS | 1 |
Bewertung: Erhöhtes Risiko für einen schwierigen Atemweg bei einem Score ≥3 Punkten |
Supraglottische Atemwegshilfen [1][9]
- Grundtypen
- Larynxmaske
- Larynxtubus
- Ösophagotrachealer Tubus (bspw. Combitube®)
- Indikationen
- Atemwegssicherung bei niedrigem Aspirationsrisiko
- Sekundäre Atemwegssicherung bei erschwerten Intubationsbedingungen
- Primäre Atemwegssicherung bei fehlender Intubationserfahrung
- Relative Kontraindikationen
- Erhöhtes Aspirationsrisiko
- Starke Schwellung
- Trauma im Kiefer-Gesichtsbereich
- Komplikationen
- Aspiration
- Blutungen in Mund oder Rachen
- Dislokation mit Atemwegsverlegung
- Magenüberblähung
- Durchführung siehe: Anlage supraglottischer Atemwegshilfen - AMBOSS-SOP
Im Notfall stellt die Anlage einer supraglottischen Atemwegshilfe immer eine (passagere) Option zur Oxygenierung dar und bestehende Kontraindikationen sind als relativ zu betrachten!
Bei Notfällen sollten supraglottische Atemwegshilfen mit Drainagekanal (2. Generation) verwendet werden, da über diese auch eine Magensonde gelegt werden kann! [3]
Endotracheale Intubation [1][10]
- Indikationen [3][11][12][13]
- Sofortige Atemwegssicherung
- Persistierende Apnoe oder Schnappatmung (Atemfrequenz <6/min)
- Kardiopulmonale Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand
- Dringliche Atemwegssicherung
- (Drohende) Atemwegsverlegung
- Vigilanzminderung (GCS <9)
- Schweres Schädel-Hirn-Trauma
- Schweres Thoraxtrauma
- Polytrauma (siehe auch: Intubationskriterien bei Polytrauma)
- Verletzungen mit hohem Aspirationsrisiko
- Ggf. schwere hämodynamische Instabilität bzw. Schock
- Respiratorische Insuffizienz
- Atemfrequenz >29/min
- Starke Dyspnoe
- Persistierende Hypoxämie (spO2 <90%)
- Sofortige Atemwegssicherung
- Voraussetzung: Nicht-invasive Beatmung (NIV) kontraindiziert oder nicht möglich, siehe auch:
- Komplikationen bspw.
- Erschwerte Intubation oder unmögliche Intubation
- Verletzungen und Blutungen (Sichteinschränkung!)
- Siehe auch: Komplikationen der Intubation
- Durchführung siehe:
Rasch reversible Ursachen einer Vigilanz- oder Atemstörung sollten vor der Intubation ausgeschlossen werden!
Eine notfallmäßige Intubation hat eine hohe Komplikationsrate und sollte innerklinisch stets von einer erfahrenen Person durchgeführt werden!
Koniotomie
- Definition: Durchtrennung des Lig. cricothyroideum medianum zur Schaffung eines künstlichen Atemweges
- Indikation: „cannot ventilate, cannot intubate“-Situation
- Fehlende oder stark eingeschränkte Spontanatmung plus
- Unmögliche oder ineffektive Oxygenierung über Maskenbeatmung oder supraglottische Atemwegshilfen plus
- Unmögliche endotracheale Intubation (inkl. Videolaryngoskopie)
- → Koniotomie als finale lebensrettende Option
- Techniken
- Chirurgische Techniken
- Punktionskoniotomie
- Durchführung siehe: Koniotomie - AMBOSS-SOP
Die Entscheidung zur notfallmäßigen Koniotomie muss klar kommuniziert und rechtzeitig getroffen werden!
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostische Hinweise auf die Ursache einer Atemwegsverlegung
Differenzialdiagnostische Hinweise auf die Ursache einer Atemwegsverlegung | ||
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Verdachtsdiagnose | Hinweise | Initiale Therapie |
Anatomische Atemwegsverlegung (Zunge) |
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Lokale Entzündung |
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Beidseitige Parese des N. recurrens |
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